Wer ein Grundstück oder eine Immobilie in Geisweid, Werdohl oder Ramsbeck hat, der muss jährlich Grundsteuer bezahlen. Aber: Wegen unterschiedlicher Faktoren fällt deren Höhe absolut unterschiedlich aus. Ein wichtiger Faktor ist der Grundsteuer-Hebesatz. Der ist von Ort zu Ort in Südwestfalen verschieden und führt teilweise dazu, dass manche Grundstückseigentümer gar keine Grundsteuern zahlen müssen. Was der Hebesatz bei der Grundsteuer ist, wer ihn festlegt und wie er sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirkt, erklären wir Ihnen in diesem Ratgeber.
Außerdem zeigen wir Ihnen, wie sich der Hebesatz im Rahmen der Grundsteuerreform ab 2025 verändern soll und welche Folgen das für Haus- und Wohnungseigentümer hat.
Was ist der Hebesatz bei der Grundsteuer?
Für die Städte und Gemeinden in unserer Region ist die Grundsteuer unverzichtbar. Sie sind existenziell auf die Einnahmen angewiesen und finanzieren damit den Betrieb von Schulen und Kindergärten, Straßen und Spielplätzen. In NRW nehmen die Kommunen pro Jahr rund 3,9 Milliarden Euro über die Grundsteuer ein. Und zwar durch den Hebesatz, der zwischen 0 und 1.050 Prozent liegt.
Der Grundsteuer-Hebesatz ist ein Faktor, mit dem die Grundsteuer berechnet wird. Um die zu zahlende Steuerlast zu ermitteln, nimmt das Finanzamt den sogenannten Grundsteuermessbetrag mal Hebesatz. Daraus ergibt sich die Höhe der Grundsteuer.
Grundsätzlich werden in Deutschland drei Arten von Hebesätzen unterschieden:
- Hebesatz für die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke
- Hebesatz für die Grundsteuer B für alle sonstigen Grundstücke
- der Hebesatz für die Gewerbesteuer
Wir behandeln in diesem Ratgeber ausschließlich den Grundsteuer-Hebesatz B, weil er für private Haus- und Grundstückseigentümer relevant ist.
Was bedeutet der Hebesatz bei der Grundsteuer?
Der Hebesatz bei der Grundsteuer reguliert diese nach oben oder nach unten. Je höher der Hebesatz einer Kommune ist, desto mehr Grundsteuer ist für Grundstücke und Immobilien an diesem Ort fällig.
Die Hebesätze der Gemeinden und Städte variieren zum Teil stark: So müssen Eigentümer trotz identischer Objektwerte in einer Kommune eine höhere Grundsteuer zahlen als andernorts. Zum Beispiel liegt der Hebesatz in Duisburg aktuell bei 855 Prozent und in Essen bei 655 Prozent. Für ein vergleichbares Einfamilienhaus würde ein Steuerzahler im ersten Fall also rund 30 Prozent mehr Grundsteuer zahlen.
Der Grundsteuer-Hebesatz ist für Gemeinden im Märkischen Kreis, Sauerland oder Siegerland ein wichtiges Instrument, um ihre Steuereinnahmen zu beeinflussen.
Wie wird die Grundsteuer mit dem Hebesatz berechnet?
Für die Grundsteuer bis 2025 gilt: Zunächst ermitteln die Finanzbehörden den Wert eines Grundstückes. Dafür gelten aktuell noch die Einheitswerte aus dem Jahr 1964 für die alten Bundesländer und die von 1935 für die neuen Bundesländer.
Der Einheitswert wird anschließend mit der Grundsteuermesszahl multipliziert. Sie richtet sich in den alten Ländern nach der jeweiligen Grundstücksart, ist gesetzlich festgelegt und liegt zwischen 2,6 und 3,5 Promille.
In den neuen Bundesländern hängt die Grundsteuermesszahl nicht nur von der Grundstücksart ab, sondern auch von dem Alter des Gebäudes und der Gemeindegröße; dort liegt sie zwischen fünf und zehn Promille. Der Grund, weshalb die Grundsteuermesszahlen im Osten höher sind als im Westen, liegt in den Wertverhältnissen, die der Ermittlung des Einheitswertes zugrunde liegen. Weil in den neuen Bundesländern die Verhältnisse von 1935 als Grundlage dienen, fallen die Einheitswerte dort geringer aus.
Aus Einheitswert und Grundsteuermesszahl ergibt sich der sogenannte Grundsteuermessbetrag. Dieser wird schließlich mit dem örtlichen Grundsteuer-Hebesatz multipliziert. Liegt der zum Beispiel bei 450 Prozent, muss der Grundsteuermessbetrag
mit 4,5 multipliziert werden und so ergibt sich die tatsächliche Höhe der Grundsteuerschuld.
Zusammenfassend lässt sich die zur Berechnung der Grundsteuer (bis 2025) folgende Formel aufstellen:
Einheitswert x Grundsteuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
Neue Grundsteuer-Formel ab 2025
Achtung: Ab 2025 gilt nicht mehr der Einheitswert, sondern – nach dem neuen Bundesmodell zur Festsetzung der Grundsteuer – der Grundsteuerwert. Er basiert auf einer kompletten Neubewertung von Eigentum, welche anhand der Grundsteuererklärung erfolgt. Es gilt:
Grundsteuerwert x Grundsteuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
Die Formel gilt für alle Bundesländer, die das Bundesmodell anwenden.
Wer legt die Hebesätze bei der Grundsteuer fest?
Den Grundsteuer-Hebesatz legen die einzelnen Gemeinden fest, welche auch die Einnahmen bekommen. Mit der Höhe des Hebesatzes können sie die ihnen zustehenden Gemeindesteuer also beeinflussen. Dieses Recht ist Teil der Selbstverwaltungsgarantie, verankert in Artikel 28 des Grundgesetzes.
Der Hebesatz wird von der Gemeindevertretung jeweils für ein Haushaltsjahr in der kommunalen Haushaltssatzung festgelegt. Die Gemeinden können den Hebesatz also jedes Jahr verändern. Sie können über die Festsetzung oder Erhöhung des Hebesatzes auch noch rückwirkend zum Beginn des Kalenderjahres entscheiden.
Wie hoch ist der Grundsteuer-Hebesatz?
Der Hebesatz ist in jeder Gemeinde anders. Er reicht von 0 bis 1.050 Prozent. Im Jahr 2021 lag er für die Grundsteuer B in den deutschen Kommunen durchschnittlich bei 386 Prozent, wie aus einer Analyse des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) hervorgeht.
Wie hoch die Hebesätze in Ihrem Wohnort sind, können Sie direkt bei der Gemeinde erfragen oder im gemeinsamen Statistikportal von Bund und Ländern nachlesen.
Folgende Tabellen zeigen die durchschnittlichen Grundsteuer-Hebesätze in den Bundesländern und in deutschen Großstädten:
Durchschnittliche Grundsteuer-Hebesätze in den Bundesländern
Durchschnittliche Hebesätze für die Grundsteuer B (Quelle: Ernst & Young Analyse Grundsteuer 2022 / Deutsche Industrie- und Handelskammer) | |
Bundesland | Hebesatz Grundsteuer B |
Berlin | 810 Prozent |
Bremen | 695 Prozent |
Nordrhein-Westfalen | 551 Prozent |
Hamburg | 540 Prozent |
Hessen | 482 Prozent |
Saarland | 439 Prozent |
Sachsen | 425 Prozent |
Niedersachsen | 398 Prozent |
Thüringen | 396 Prozent |
Mecklenburg-Vorpommern | 393 Prozent |
Sachsen-Anhalt | 391 Prozent |
Rheinland-Pfalz | 387 Prozent |
Brandenburg | 386 Prozent |
Baden-Württemberg | 362 Prozent |
Bayern | 350 Prozent |
Schleswig-Holstein | 343 Prozent |
Grundsteuer-Hebesätze in deutschen Städten
Hebesätze für die Grundsteuer B in deutschen Großstädten (Stand: Februar 2021) | |
Stadt | Hebesatz Grundsteuer B |
Duisburg | 855 Prozent |
Berlin | 810 Prozent |
Bremen | 695 Prozent |
Essen | 670 Prozent |
Leipzig | 650 Prozent |
Dresden | 635 Prozent |
Dortmund | 610 Prozent |
Hannover | 600 Prozent |
Nürnberg | 555 Prozent |
Hamburg | 540 Prozent |
München | 535 Prozent |
Stuttgart | 520 Prozent |
Köln | 515 Prozent |
Frankfurt am Main | 500 Prozent |
Düsseldorf | 440 Prozent |
Wie Sie inzwischen vermutlich feststellen konnten, folgt die Verteilung der Hebesätze keinem Muster. In vielen Großstädten liegen die Hebesätze im Vergleich mit allen Kommunen nur im Mittelfeld – obwohl Miet- und Immobilienpreise dort oft sehr hoch sind. Den höchsten Hebesatz mit 1.050 Prozent gibt es derzeit in Hessen in den Gemeinden Lautertal und Lorch.
Nicht in allen Gemeinden liegen die Hebesätze für die Grundsteuer B im dreistelligen Bereich. So liegt der Hebesatz im knapp 25.000 Einwohner großen Ingelheim in Rheinland-Pfalz zum Beispiel nur bei 80 Prozent.
Und es gibt zwölf Gemeinden in Deutschland, in denen der Grundsteuer-Hebesatz sogar
bei 0 Prozent liegt. Das heißt: Hier zahlen Eigentümer überhaupt keine Grundsteuern. Die entsprechenden Gemeinden sind vergleichsweise klein und haben nur zwei- bis vierstellige Einwohnerzahlen; Gemeinden dieser Größe finden sich vor allem in Rheinland-Pfalz und Schleswig Holstein.
Wie entwickeln sich die Grundsteuer-Hebesätze?
Mit der Grundsteuer nehmen die Gemeinden viel Geld ein. Der gewogene Durchschnittshebesatz der Grundsteuer B lag in den Kommunen in NRW Ende Juni 2023 bei 594 Prozent und war damit um 7 Prozentpunkte höher als zum Stichtag 2022 (damals: 587 Prozent). Seit 2013 hat sich der gewogene Durchschnittshebesatz jährlich erhöht.
Eine der höchsten Steigerung des Hebesatzes der Grundsteuer B wurde zwischen Juni 2022 und Juli 2023 in der Gemeinde Wilnsdorf im Kreis Siegen-Wittgenstein (+220 Prozentpunkte auf 695 Prozent) gemessen. Eine Herabsetzung hingegen war zwischen Juli 2022 und Juni 2023 in Meschede im Hochsauerlandkreis (−25 Prozentpunkte auf 450 Prozent) zu verzeichnen.
Dabei ist der Anteil der Kommunen, die einen niedrigen Hebesatz von unter 300 Prozent haben, in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Während 2005 noch 22 Prozent der Kommunen einen niedrigen Hebesatz hatten, waren es 2020 nur noch vier Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil der Kommunen mit Hebesatz über 350 Prozent gestiegen. Er lag 2005 noch bei 20 Prozent, im Jahr 2020 bei ganzen 75 Prozent.
Besonders in Zeiten, in denen ihre Kassen schlecht gefüllt sind, drehen die Gemeinden häufig an den Hebesätzen. So erhöhte zum Beispiel im ersten Corona-Jahr 2020 jede zehnte Kommune den Hebesatz. Ein Grund: Seit Pandemiebeginn entgehen ihnen sehr viele Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Neue Grundsteuer-Hebesätze ab 2025: Was ändert sich mit der Grundsteuerreform?
Mit der Grundsteuerreform, die 2025 in Kraft tritt, wird der Einheitswert aufgrund aktueller Wertverhältnisse neu berechnet – und in den meisten Bundesländern stark ansteigen.
Dem wirkt der Bund entgegen, indem er die Grundsteuermesszahlen auf zehn Prozent des bisherigen Wertes senkt. Das allein wäre aber vergleichsweise nur eine geringfügige Entlastung für die Bürger. Denn würden die durch die neu errechneten Grundsteuermessbeträge mit den aktuell geltenden Hebesätzen multipliziert werden, dann würden die Steuern explodieren.
Viele fragen sich: Wie hoch wird meine Grundsteuer nach der Reform? Gemäß des Bundesfinanzministeriums sollen die Einnahmen der Gemeinden beziehungsweise die Steuerbelastung bei den Bürgern in etwa das gleiche Niveau haben wie vor der Reform – also eine Art Nullsummenbilanz. Dazu soll im dritten Schritt auch der Grundsteuer-Hebesatz sinken. Das bedeutet, dass die Gemeinden den Hebesatz so anpassen, dass sich laut Bundesfinanzministerium ihr Grundsteueraufkommen nicht erheblich verändert.
Trotzdem wird die Reform auch so für viele Haus- und Grundstückseigentümer im Sauerland, Siegerland und Märkischen Kreis ihre Auswirkungen haben. Die mussten nämlich offiziell bis zum 31. Januar 2023 eine Grundsteuererklärung abgeben. Nur Bayern hatte die Frist verlängert bis zum 30. April 2023.
Kritik und Probleme an Hebesätzen bei der Grundsteuer
Hebesätze orientieren sich nicht an sozialer Gerechtigkeit. Häufig sind sie in reichen Kommunen, die hohe Einnahmen aus Gewerbesteuern haben, niedriger als in Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit. Im Landkreis Starnberg, wo die Einwohner über das höchste Pro-Kopf-Einkommen Deutschlands verfügen, liegt der Hebesatz für die Grundsteuer zum Beispiel nur bei 385 Prozent. In Gelsenkirchen, der Stadt mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen, liegt er hingegen bei 675 Prozent.
Klamme Kommunen versuchen oft, ihre Einnahmen mit Hilfe eines höheren Grundsteuer-Hebesatzes zu steigern. Und die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer ist im Vergleich zu dem für die Gewerbesteuer einfach. Denn während hohe Gewerbesteuer-Hebesätze oft zur Folge haben, dass sich Unternehmen an anderen Orten ansiedeln, können die Grundstücksbesitzer das nicht.
Teilweise erhöhen die Gemeinden den Grundsteuer-Hebesatz auch mitten im Jahr rückwirkend – und das drastisch. 2014 machte ein Fall aus dem hessischen Nauheim von sich reden. Die Gemeinde erhöhte den Hebesatz im Juni rückwirkend von 320 auf 960 Prozent – um das Dreifache also.
Können Eigentümer gegen Hebesatz-Erhöhungen vorgehen?
Grundsätzlich haben Eigentümer schlechte Chancen, gerichtlich gegen die Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes vorzugehen. Solange die Gemeinden den Hebesatz nicht willkürlich festlegen und die Belastung nicht unangemessen hoch ist, können sie sich auf ihre vom Grundgesetz garantierte Steuerhoheit berufen.
Ist die Erhöhung des Hebesatzes durch die Verwaltung allerdings willkürlich und unverhältnismäßig, dann haben Eigentümer durchaus Chancen. Die nordrhein-westfälische Gemeinde Freudenberg im Siegerland wollte zum Beispiel im Jahr 2014 den Hebesatz für die Grundsteuer B von 440 auf 916 Prozent anheben. Zu viel, befand der Gemeinderat. Der Hebesatz wurde auf “nur” 650 Prozent erhöht.
Auch im hessischen Bad Nauheim klagten die Bürger 2014 gegen die drastische Erhöhung des Hebesatzes von 340 auf 560 Prozent – und bekamen zunächst vom Verwaltungsgericht Gießen recht. Die Erhöhung sei willkürlich erfolgt, hieß es damals. Doch schon zwei Monate später kassierte der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel das Urteil wieder. Die Erhöhung sei angesichts der Haushaltslage der Stadt nicht willkürlich.
Quellen: https://www.it.nrw/nrw-sind-die-hebesaetze-der-grundsteuer-b-104-kommunen-gestiegen-126014 https://www.kommunen.nrw/presse/pressemitteilungen/detail/dokument/grundsteuereinnahmen-fuer-staedte-und-gemeinden-unverzichtbar.html
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